Mit dem Theaterstück “Hin & Weg.sehen” von Beate Albrecht hat die KGS Sehnde wieder einmal versucht, ihre Schüler gegen rechte Parolen und Versuchungen zu wappnen. Das Stück wurde präsentiert von theaterspiel aus Witten, die bereits öfter in Sehnde mit engagierten Stücken aufgetreten sind. Das aktuelle Stück wurde ermöglicht durch eine Mischfinanzierung aus Eintrittsgeld, Förderverein der KGS und Förderverein des Präventionsrates Sehnde. Als Publikum sahen es rund 600 Schüler der Altersstufen 9. und 10. Klasse sowie der E-Phase. Berührt waren sie alle, auch wenn sie oft zu “cool” waren, es zuzugeben.
“Hin & Weg.sehen” ist ein altersgemäßes Stück, dass die Gruppe theaterspiel zusammen mit Aussteigerinnen aus der rechten Szene selbst erarbeitet hat, erzählt Beate Albrecht, die Autorin und Darstellerin der Vera. Und genau dadurch kommt es absolut authentisch zu den Jugendlichen rüber.
Das drei Personenstück handelt von Sem (Tobias Vorberg) und Juli (Floriane Eichhorn). Sie stehen im Mittelpunkt, waren eigentlich füreinander bestimmt, doch dann kam alles anders. Beide suchten ihre Heimat in unterschiedlichen Lagern: Juli rutscht dabei in die rechte Szene ab, Sem bleibt bei seinen Freunden mit Migrationshintergrund. Jeder separierte sich und heute liegen ihre Cliquen miteinander im Clinch. Verletzungen, Mobbing und Vorurteile bestimmen ihren Alltag. Rechtsradikale Schläger und deren menschenverachtendes Gedankengut lassen die Situation immer weiter eskalieren. Während Sem und seine Freunde um ihr Leben fürchten, denkt Juli immer noch, dass sie für die (ge)rechte Sache kämpft. Bis sie schmerzlich erkennen muss, dass Rechts nicht Recht ist.
“Wieso kommst Du nicht einfach zu uns”, fragt Juli im Stück ihren alten Freund Sem, “Du bist doch gar nicht so doof?” Auch die Grundstimmung “früher war alles besser” taucht auf, vermittelt durch den imaginären Großvater von Juli, der noch der brauen Ideologie anhängt. So wurde “die Jule von früher gelöscht”, stellt Juli fest, doch auch ihre Schwester Vera (Beate Albrecht), kämpft gegen den braunen Opa und die rechte Truppe. Aber selbst sie dringt nicht mehr zur Schwester durch, denn Juli steht auf dem Standpunkt “wenn ich die Treue lösche, löschen die mich aus. Sie sind meine neue Familie.” Da schwingt durchaus Angst vor den eigenen Freunden mit. Und so eskaliert die Geschichte bis zum Punkt, an dem Juli wieder anfängt, selbst zu denken…
Nah am echten Leben zeigt dieses Stück die Folgen falscher und indoktrinierender Ideologie auf und ermutigt zugleich, Zivilcourage zu zeigen. Neben der konsequenten Schwester Vera ist auch Sem durchaus kompromissbereit, doch Juli ist derart indoktriniert, dass das Erkennen des falschen Weges mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Damit die Erkenntnisse sich beim Publikum verfestigen, diskutieren die drei Schauspieler am Ende noch mit ihrem jungen Publikum und stellen auch die realen Hintergründe dieses Stückes vor. Sicherlich beeinflusst das bedrückende Spiel nicht jeden, aber jeder wird am Schluss darüber nachdenken – und das ist doch schon einmal ein guter Anfang! (jph/sehnde-news.de)